Erhebet die Herzen!

13. Juni1973 in S. Maria Loreto in Salzburg

 

ăBeuget die Knie!Ň und: ăFaltet die HŠnde!Ň Das waren scheinbar sehr unbedeutende Predigtthemen, die aber doch als sehr aktuell empfunden wurden in der immer noch weiter um sich greifenden Entsakralisierung unserer Hl. Liturgie.

Einleitend mšchte ich, liebe BrŸder und Schwestern im Herrn, zu euch sprechen Ÿber jene programmatische Aufforderung, die der Priester zu Beginn der PrŠfation in jeder Hl. Messe den GlŠubigen zuruft, sofern sich der Priester noch an die vorgeschriebenen liturgischen Texte bei der Eucharistiefeier hŠlt: ăSursum corda!Ň

Mir kommt nŠmlich vor, als ob noch viel mehr als den Themen ăBeuget die Knie!Ň und ăFaltet die HŠnde!Ň diesem Thema ăSursum corda! Erhebet die Herzen!Ň hšchste AktualitŠt zukŠme. Mir kommt Ÿberdies vor, als ob dies der wesentlichste Kerninhalt der Botschaft Mariens in allen ihren Erscheinungen, vor allem in denen von Fatima wŠre, dass die Menschen wieder Herz und Sinn erheben sollen zu den Ÿberirdischen Wahrheiten, Werten und Wirklichkeiten und zum jenseitigen Ziel, fŸr das sie erschaffen sind und sich nicht wie MaulwŸrfe in die Erde, in das blo§ Irdische und Diesseitige verbohren, verkrallen und vergraben sollen, wie es in dieser materialistischen Zeit leider bei so vielen Menschen, auch bei vielen Katholiken der Fall ist.

Es ist ja doch zu tiefst erschŸtternd, zu lesen und zu hšren, dass in …sterreich und in der BRD – wenn man einer reprŠsentativen Befragung von noch praktizierenden Katholiken Glauben schenken darf – nur etwa 40 % an ein Fortleben nach dem Tod, also an ein Jenseits, an Himmel oder Hšlle, glauben.

ăSursum corda! AufwŠrts die Herzen!Ň So lautet diese liturgische, wahrhaft programmatische Aufforderung wšrtlich Ÿbersetzt. Lassen wir sie zuerst einmal dort stehen, wo sie im Rahmen der Messliturgie steht, nŠmlich nach dem Wortgottesdienst am Anfang der eigentlichen Eucharistiefeier, ganz genau am Anfang der sogenannten PrŠfation: Das lateinische Wort ăpraefatioŇ bedeutet in etwa Vorwort, Vorrede, Einleitung. Die PrŠfation ist die Einleitung zum gro§en, eucharistischen Hochgebet (oder Kanon) in der Messfeier. Und wie die ganze Eucharistiefeier – das griechische Wort Eucharistie bedeutet Danksagung – die gro§e Danksagung der Menschheit an den himmlischen Vater durch den menschgewordenen Gottessohn Jesus Christus ist, so  ist die PrŠfation bereits voll des Dankes fŸr die Heilstaten Gottes uns sŸndigen Menschen gegenŸber. Die Hl. Schrift berichtet, dass unser Herr und Heiland Jesus Christus vor Beginn des Letzten Abendmahls dem himmlischen Vater gedankt hat, bevor er Brot in seinen heiligen Leib und Wein in sein kostbares Blut verwandelte.

Die Kirche folgt seit jeher dem Beispiel ihres gšttlichen Stifters, indem sie dem eucharistischen Hochgebet und den Wandlungsworten das schšne, inhaltsreiche Dank- und Lobgebet und –lied der PrŠfation vorausgehen lŠsst.

WŠhrend die Liturgien der Ostkirchen von Anfang bis heute nur eine einzige PrŠfation kennen, hat sich in der abendlŠndischen, lateinischen Liturgie die Zahl der PrŠfationen in den ersten Jahrhunderten so stark vermehrt, dass bereits im 6. Jahrhundert wohl jede Hl. Messe ihre eigene PrŠfation hatte. Ihre Zahl wurde dann aber allmŠhlich wieder stark reduziert und mehrere Jahrhunderte hindurch bis herauf in die jŸngste Vergangenheit gab es nur 14 PrŠfationen, unter denen jene von Weihnachten, Epiphanie, Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten den Šltesten Bestand davon bilden. Dazu kamen dann erst spŠter die DreifaltigkeitsprŠfation, die Fasten- und Hl. Kreuz-PrŠfation, die Marien- und TotenprŠfation; noch spŠter gesellten sich die PrŠfation vom Hl. Joseph, die Herz Jesu- und die Christkšnigs-PrŠfation dazu. In allerjŸngster Zeit sind im neuen Missale Romanum die PrŠfationen wieder ganz stark vermehrt worden. Es gibt nun wieder mehr als 80, die alle durchwegs sehr schšn und inhaltsreich sind.

Es wŸrde sich lohnen, sie der Reihe nach als Betrachtungsstoff vorzulegen oder auch fŸr das private Beten zu verwenden, weil dabei gezeigt werden kšnnte, wie in unserem Beten nicht das Bittgebet, sondern das Dank- und Lobgebet im Vordergrund stehen sollte.

Was den Aufbau der PrŠfationen betrifft, so kann man die Einleitung, das bibeltheologisch vielsagende MittelstŸck und den Schluss, der in das Dreimal-Heilig, in das Sanctus, ausklingt, unterscheiden.

Die Einleitung beginnt bei jeder PrŠfation mit einem Dialog, den wir die Urform eines Dialogs zwischen Priester und Volk, zwischen Klerus und Laien nennen kšnnten, denn er reicht wohl sicher noch in die apostolische Zeit zurŸck.

Das Erste in diesem Einleitungsdialog der PrŠfation ist der brŸderliche Gru§ ăDominus vobiscum – Der Herr sei mit euch!Ň Auf diesen Gru§, mit dem schon der Engel Gabriel die selige Jungfrau Maria gegrŸ§t hat (ăDominus tecumŇ – Der Herr ist mit Dir!) folgt dann die Aufforderung, Gott Dank zu sagen: ăGratias agamus Domino Deo nostroŇ (Lasset uns danken dem Herrn, unserem Gott!). Diese Aufforderung zum Danken ist dem altjŸdischen Tischgebet entnommen. So mag schon unser Herr Jesus Christus vor Beginn des Letzten Abendmahles zu seinen Aposteln gesprochen haben. Das Volk antwortet auf die Aufforderung zur Danksagung mit ăDignum et justum estŇ (Das ist wŸrdig und recht). Diese Formel entstammt nicht nur dem altjŸdischen Tischgebet, sondern ist der gesamten Antike als Abstimmungs- und Zustimmungsformel zu einem Gesetz, das in einer Volksversammlung beraten worden war, bekannt. Wenn das Volk mit ăDignum et justum estŇ antwortete, so erklŠrte es sich einverstanden mit dem vorgelegten Gesetzestext und gab seine Zustimmung dazu. Wahrlich, wenn wir Gott Dank sagen in der Form des eucharistischen Lob- und Dankopfers, dann tun wir wirklich, was wŸrdig und recht ist und was voll und ganz die Zustimmung des Volkes Gottes verdient. Gott dankbar zu sein und ihm Dank zu sagen, ist ja wie ein Naturgesetz, zu dem wir immer wieder nicht blo§ in Worten, sondern durch die Tat unsere Zustimmung geben sollten. ăDignum et justum est!Ň Und Gott in einer Weise Dank zu sagen, wie sie grš§er und schšner gar nicht mšglich ist und gar nicht schšner ausgedacht werden kšnnte, nŠmlich durch Darbringung der unendlich kostbaren Opfergabe des Leibes und Blutes Christi, das ist wahrlich auch ădignum et justumŇ, ăwŸrdig und rechtŇ. Es sollte darum auch immer wŸrdig und in der rechten Weise geschehen, nicht všllig entsakralisiert...

Damit es aber wŸrdig und in der rechten Weise und in der rechten seelischen Verfassung geschieht, darum spricht der Priester vorher in diesem sinnvollen Einleitungsdialog zur PrŠfation die Aufforderung aus: ăSursum corda! AufwŠrts die Herzen!Ň Erhebet die Herzen! Und die Antwort des Volkes lautet vielleicht allzu  zuversichtlich: ăHabemus ad DominumŇ Wir haben sie beim Herrn!Ň UnwillkŸrlich kommt da dem Priester bisweilen der Gedanke: ăAch; wŠre es doch wirklich so! wŸrde das doch tatsŠchlich stimmen, dass die GlŠubigen, die die Hl. Messe, das grš§te und heiligste Geschehen, mitfeiern, ihre Herzen erhoben haben. Es ist leider oft, allzu oft nicht mehr so. Weder in der Hl. Messe noch sonst in der Lebenshaltung der Christen! WŸrde die Antwort tatsŠchlich stimmen: ăWir haben sie beim HerrnŇ, unsere Herzen, wir sind nicht ins Irdische und VergŠngliche verkrallt, es wŸrde anders ausschauen in unserer Zeit. So aber greift der Materialismus, der nicht das, was oben ist sucht, sondern nur das, was herunten im Diesseits ist, immer mehr um sich und frisst sich wie ein schleichendes Gift immer mehr auch in die Herzen der GlŠubigen, auch der Priester und Ordensleute in unserer Zeit hinein!

ăSursum CordaŇ AufwŠrts die Herzen!Ň Sehen wir nun zu, woher diese Aufforderung stammt und was sie bedeutet:

Die Herkunft des ăSursum corda! AufwŠrts die Herzen!Ň ist zweifellos biblisch. Es geht dabei um einen ganz wesentlichen Gedanken des Gottmenschen Jesus Christus! Wir brauchen da etwa nur an die dreifache Versuchung des Herrn in der WŸste denken und an die Antwort, die Er gleich nach der ersten Versuchung dem Teufel gab: ăNicht vom Brot allein lebt der Mensch...Ň

Wšrtlich findet sich das ăSursum corda! AufwŠrts die Herzen!Ň nicht in der Hl. Schrift. Am ehesten stimmt dem Wortlaut und dem Inhalt nach damit die Mahnung Ÿberein, die der Hl. Paulus in seinem Brief an die Kolosser (3,1-2) gibt. Dort steht die Mahnung mit dem ăsursumŇ: Wenn ihr mit Christus auferstanden seid, dann sucht, was ăsursumŇ, was oben ist, wo Christus zur Rechten des Vaters thront!  An das, was ăsursumŇ ist, was oben ist, denkt und nicht an das Irdische!Ň

Gemeint ist dabei unter dem ăSursumŇ, also unter dem, was oben ist, der Himmel, das Himmlische, das Jenseitige, das ewig Bleibende und Werthafte, im Gegensatz zu dem, was herunten auf der Erde ist, das Diesseitige, das VergŠngliche.

Heute glauben so viele Menschen, auch so viele Katholiken nicht mehr an das Jenseitige, sondern nur noch an das Diesseitige, nicht mehr an das Himmlische, an das, was oben ist, sondern nur noch an das Irdische, an das welthafte, an das Materielle! †berdies meinen heute so viele auch im katholischen Raum, man mŸsse sich der Welt anpassen und ausliefern und gleichfšrmig machen und man beruft sich fŸr diese Anpassung an die Welt  auf den guten Papst Johannes XXIII. Und auf sein oft všllig missverstandenes Wort vom ăAggiornamentoŇ, und man beruft sich auf das II. Vaticanum. Dieses aber hat zwar vom Dienst der Kirche und der GlŠubigen an der Welt und fŸr die Welt gesprochen, um die Welt mit dem Geist des Evangeliums zu durchdringen, es hat aber in keiner Weise der totalen Anpassung der Christen oder gar der Priester und Ordensleute an die Welt und ihren Geist das Wort geredet. Immer noch gilt das Wort im 1. Joh. 2, 15 – 17: ăLiebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist: wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe zum Vater nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist – Fleischeslust, Augenlust und Hoffart des Lebens, - ist nicht vom Vater, sondern ist von der Welt. Die Welt und ihre Lust vergeht; wer aber den Willen Gottes tut, hat Bestand in Ewigkeit!Ň

Gewiss wŠre Weltflucht und Weltverachtung všllig falsch in unserer Zeit, aber als JŸnger und JŸngerinnen Christi haben wir uns alle vor dem falschen, materialistischen Weltgeist und Zeitgeist mit seinen modischen Stršmungen, mit seiner Vergštzung und Verabsolutierung rein diesseitiger Werte und vor einem total weltimmanenten materialistischen Wohlstandsdenken zu hŸten und ja nicht zu meinen, es komme alles nur auf einen immer hšheren irdischen Lebensstandard und nur auf das Wohlergehen in diesem kurzen Erdenleben an.

Um nicht dem falschen materialistischen Diesseitsdenken zu verfallen, in welchem das Leben jenseits der Todeslinie všllig geleugnet oder als sinnlose Utopie hingestellt wird, rufen wir uns selber in den Exerzitien immer wieder ein lautes, energisches ăSURSUM CORDAŇ zu.

Die Kirche tut es jeden Tag bei der Hl. Messe: Ÿberhšren wir dieses ăSURSUM CORDAŇ nicht!

Die Heiligen rufen uns dieses ăSURSUM CORDAŇ zu, denn sie haben diese Mahnung in ihrem Erdenleben befolgt; sie sagen uns: Wir sind gut dabei gefahren, diese Mahnung immer mehr zu beherzigen. Eine ruft uns das ăSURSUM CORDAŇ ganz besonders laut und unŸberhšrbar zu, weil sie ganz im ăSursumŇ, in dem was droben ist, verankert war!

Einer, der in der Nachfolge Christi und Mariens in seinem Leben und apostolischen Wirken das ăSURSUM CODAŇ in das Volk hineingerufen hat, ist der Heilige, auf den zu schauen und zu hšren in ihrer ăBewegungŇ programmatisch ist: der hl. Ludwig Maria